Sabine Hernandez Santana ist Chemikerin und Doktor der Nanophysik

Bunt, bunt, bunt sind alle meine …

… Farbstoffe in Lebensmitteln und Kos­metika: Wer sich schon einmal die Inhaltsliste auf der Rückseite z.B. von den Lieblingsgummibärchen oder dem Lieblingsduschgel der Kinder an­ge­schaut hat, hat vielleicht auch be­merkt, dass gegen Mitte oder Ende hin eine Buchstaben- und Zahlen­kom­bination aufgeführt wird, aus der nicht sofort erkenntlich ist, um was es sich da handelt. Bei den Lebensmitteln wer­den (unter anderem) Farbstoffe unter der sogenannten E-Nummer ge­li­stet (Bild 1), in der Kosmetik werden Farbstoffe mit einer sogenannten CI-Nummer geführt (Colour Index, Bild 2).

Die Einteilung der Farbstoffe erfolgt dabei in zwei Klassen:

Die künstlichen Farbstoffe; zum Bei­spiel „Patentblau V“ (E131 bzw. CI 42051) und „Brilliantblau FCF“ (E133 bzw. CI 42090). Da es wenig Alter­nativen gibt, werden Blautöne haupt­sächlich durch künstliche Farbstoffe er­halten.

Die natürlichen Farbstoffe, zum Bei­spiel das schon in vorchristlicher Zeit (2.Jhdt vor Christus in Südamerika) ge­nutzte rote Karmin (E120 bzw. CI 75470), der grüne Blattfarbstoff Chlo­ro­phyll (E140 bzw. CI 75810) oder schwarze Pflanzenkohle (E153 bzw. CI 77268).

Eine natürliche Alternative zu den Farb­stoffen in Lebensmitteln stellen die sogenannten „färbenden Lebens­mittel“ dar, oft in Form von Extrakten und Konzentraten. Beispiele sind hier Rote Beete, Karotte, schwarze Johan­nis­beere, Blaukraut, Karamell, Spiru­lina, Hibiskus, Kurkuma. Diese Zu­satz­stoffe werden zwar deklariert, aber nicht als Farbstoff angesehen und erhalten somit keine E-Nummer.

Nach dieser Einleitung mag sich nun mancher fragen, warum werden denn überhaupt Farbstoffe in Lebensmitteln oder Kosmetikprodukten verwendet? Dafür gibt es mehrere Gründe: ein Farbverlust während der Herstellung wird ausgeglichen, die Produkte se­hen ansprechender aus, somit wird das Geschmacks- oder Wohlfühlem­pfinden positiv beeinflusst oder an­son­sten farblose Produkte werden optisch aufgewertet.

Vergleicht man einmal eine haus­gemachte mit einer gekauften Erd­beer­marmelade, so werden diese in den seltensten Fällen gleich ausse­hen. Der gekauften Erdbeermar­mela­de wurde sehr wahrscheinlich „kos­me­tisch nachgeholfen“, damit sie an­sprechend rot leuchtet und nicht den bräunlichen Touch der hausge­mach­ten, aber nicht minder leckeren Mar­me­lade hat.

Bei den Kosmetika mag ein Farbstoff zwar recht überflüssig erscheinen. Doch fast schon manipulativ wird hier der Käufer zu überzeugen versucht, dass das blau gefärbte Duschgel be­sonders erfrischend ist, dass in einem grünlichen Gesichtspeeling auch wirk­lich viel Olivenextrakt drin ist, oder dass der blau-glitzernde Sei­fen­schaum die kleinen Kinder­hände am saubersten wäscht.

Jetzt könnte man ja sagen, schön und gut, dann sind meine Lebensmittel oder Kosmetika eben farblich aufge­peppt, was sollte mich das groß küm­mern? Leider sind nicht alle Farb­stoffe nur schön anzusehen, einige von ihnen bringen auch gesund­heit­liche Risiken mit sich. Zum Beispiel eine bestimmte Klasse der künst­lichen Farbstoffe, die Azo-Farbstoffe genannt werden. Wie Thomas Platzek schon 2004 für das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) feststellte, sind von etwa 2000 Azo-Farbstoffen 500 kanzerogen, d.h. krebserregend. Da überlege ich es mir doch genau, ob ich die in meinem Essen oder meiner Creme etc. haben möchte.

Ein weiteres berühmt berüchtigtes, natürliches Farbpigment, das in vielen unterschiedlichen Bereichen einge­setzt wird, ist das Titandioxid TiO2. Es befindet sich in Lebensmitteln als E171 oder Kosmetika als CI 77891. Seit dem 01.01.2020 ist Titandioxid in Frankreich nicht mehr für Lebens­mit­tel zugelassen, da diverse Studien ein erhöhtes Gesundheitsrisiko nachwei­sen konnten, vor allem wenn es sich um sogenannte Nanopartikel handelt. Titandioxid wird z.B. auch in Sonnen­cremes mit mineralischem Filter be­nutzt, bis vor nicht allzu langer Zeit auch in Form von Nanopartikeln, um diesen unschönen weißen Anstrich zu vermeiden, den diese Art von Cremes normalerweise mit sich bringt. Mittler­weile findet man aber auf vielen Son­nencremes mit mineralischem Filter die Aufschrift „ohne Nanopartikel“, da man auch hier nachweisen konnte, dass diese Nanopartikel, obwohl „nur“ außen auf die Haut aufgetragen, eine gesundheitsschädliche Wirkung besit­zen.

Die Moral dieser kleinen Farben­ge­schichte wäre also: Kosmetika am besten nur kaufen, wenn keine CI Nummer zu finden ist, wozu müssen die auch eingefärbt werden. Und bei Lebensmitteln lohnt sich ein genauer Blick auf die Inhaltsliste. Als Faust­regel kann hier gelten: coole natür­liche Farbstoffe oder färbende Le­bens­mittel werden groß heraus­ge­kehrt und ausgeschrieben präsentiert. Die künstlichen Farbstoffe werden meistens hinter den E-Nummern ver­steckt, weil ja eh keiner weiß, was es damit auf sich hat.

Weiterführende Informationen finden sich unter: Wikipedia – Lebensmittelzusatzstoffe – Farbstoffe / Safefood.eu / Efsa.europa.eu

Dr. Sabine Hernandez Santana