Ludwig Hartmann, mit Katharina Schulze Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag (©Hermann Rupp)
Dünnes Gesetz zum Klimaschutz
Grüne Post: Lieber Ludwig, Ende Mai hat die bayerische Regierung ihren Entwurf für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Kannst Du uns die wichtigsten Inhalte kurz zusammenfassen?
Ludwig Hartmann: Wichtig sind leider nur wenige Inhalte, weil es ein sehr „dünnes“ Gesetz ist: Es gibt ein Minderungsziel bis 2030 auf unter 5 Tonnen CO2 pro Einwohner*in und Jahr – derzeit liegen wir etwa zwischen 7 und 7,5 Tonnen - und Bayern soll bis 2050 klimaneutral werden. Die unmittelbare Staatsverwaltung soll 2030 klimaneutral sein und dafür sollen ein Klimaschutzprogramm und eine Anpassungsstrategie entwickelt werden.
Grüne Post: Umweltminister Thorsten Glauber sieht in der Vorlage eine Vereinigung ökonomischer und ökologischer Aspekte. Wie beurteilst Du bzw. die grüne Landtagsfraktion den Entwurf?
Ludwig Hartmann: Das erste Hauptproblem dieses Gesetzes ist seine Unverbindlichkeit. Der Gesetzentwurf strotzt von „Soll-, Kann- und Darf-Formulierungen“. Es fehlt das „Muss“, das für alle verbindliche Regelwerk. Ein Gestaltungswille für eine aktive Klimaschutzpolitik ist in dem Gesetzentwurf nicht zu erkennen. Sämtliche zentralen Felder der Klimaschutzpolitik werden nicht angesprochen: nichts zur zukunftsfähigen Mobilität, nichts zum Wärmebereich, nichts zur Agrarwende.
Es fehlt sogar ein Bekenntnis zum 1,5°C-Ziel der Pariser Klimakonferenz. Mit den im Gesetz festgelegten Zielen trägt Bayern viel zu wenig zur Erreichung des Klimaziels von Paris bei. Es kommt im Grunde darauf an, wie viel CO2 wir insgesamt in Zukunft noch emittieren dürfen, d.h. welches Budget haben wir, um das Klimaziel zu erreichen. Nach den aktuellen Berechnungen sind das für Bayern noch 800 Millionen Tonnen CO2. Mit dem im Gesetz festgelegten Minderungsziel sprengen wir das Budget.
Persönlich enttäuscht bin ich von FW-Umweltminister Thorsten Glauber. Als er vor gut einem Jahr zwei Jugendklimakonferenzen veranstaltet hat, hatte ich den Eindruck, dass er das Klimaproblem verstanden hat. Aber mit diesem Gesetzentwurf blamiert er sich bei allen Klimaschützer*innen.
Grüne Post: Wie sähe Euer Gegenentwurf aus?
Ludwig Hartmann: Unseren Gegenentwurf gibt es schon lange. Wir haben schon deutlich vor der Staatsregierung ein eigenes, wirksames Klimaschutzgesetz vorgelegt und in den Landtag eingebracht. In diesem Gesetz werden ehrgeizige Ziele festgeschrieben und konkrete Maßnahmen angeführt. Diese greifen in der Landes- und Regionalplanung, auf kommunaler Ebene, bei der Wärmeplanung, bei der Infrastruktur für Fahrrad und E-Mobilität und natürlich auch zur Anpassung an die Klimafolgen, die uns alle betreffen. Die Folgen der Erdüberhitzung nehmen wir ja heute schon wahr, z.B. die zunehmenden Probleme im Wald, bei der Wasserbewirtschaftung und mit der Hitze in den Städten (https://gruenlink.de/1mxw).
Wir wären in diesem Fall froh, wenn die Staatsregierung etwas von uns abgeschrieben hätte.
Bei der Beratung des Gesetzentwurfs ist vielleicht noch interessant, dass es im Vorfeld eine Verbandsanhörung gab, in der massive Kritik von vielen sehr unterschiedlichen Verbänden vorgetragen wurde. Wir wollen nun bei der Debatte im Landtag einige Kritikpunkte der Verbände in Form von Änderungsanträgen einbringen, um das Gesetz wenigstens noch in einigen Punkten zu verbessern.
Grüne Post: Vielen Dank für dieses Gespräch.
Vielen Dank und viele Grüße
Ludwig
Das Interview führte Ursula Pfäfflin Nefian
Kontakt:
Ludwig Hartmann
Bayerischer Landtag
Fraktionsvorsitzender
Bündnis 90 / Die GRÜNEN
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