"Es geht auch anders ..."
ist das erleichterte Fazit von Yvonne Hirsch nach dem Besuch auf dem Demeter Schweinehof der Familie Krämer in Herrnberchtheim. „Jeder von uns hat sie schon gesehen, diese schrecklichen Bilder von Schweinen, dicht an dicht auf unbequemen Spaltenböden.“ Doch das muss nicht sein, denn es geht auch anders!
Am Samstag, dem 24. Juni 2023 besichtigte der Ortsverband Uffenheim von Bündnis 90/Die Grünen den Demeter Schweinehof in Herrnberchtheim. Mit dabei waren neben der Vorstandschaft die Stadt- und Kreisrätin Ruth Halbritter, die Kreisräte Jochen Rückert und Stefan Zemann sowie interessierte Besucher.
Dass es seinen Tieren gut geht, war Wolfgang Krämer schon immer wichtig, zu Bio kam er durch seine Frau Christine. Und weil Wolfgang Krämer das Wohl seiner Schweine wirklich am Herzen liegt, wechselte er 2015 von Natura zu Demeter. Der Demeter e.V. ist der älteste Bioverband in Deutschland mit den strengsten Auflagen. Schon seit 1924 bewirtschaften Demeter-Landwirte ihre Felder biodynamisch. Aufgrund der lebendigen Kreislaufwirtschaft gilt die Demeter-Landwirtschaft als nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Der Stall wird bei Demeter an die Bedürfnisse der Tiere angepasst und nicht die Tiere an den Stall.
Selbstkritisch beginnt Wolfgang Krämer ganz ehrlich damit, dass die Schweinehaltung bei Demeter eher untypisch sei, denn auch die biologische Schweinehaltung sei zwar lukrativ, aber nicht ökologisch. Schweine haben eine Futterverwertung von 1:3, das heißt um 1 kg Schweinefleisch zu erhalten sind 3 kg Futter nötig. Der Umwelt wirklich helfen täte nur eine Reduzierung des Fleischkonsums.
Auch wenn bei ihm jedem Schwein 2,70 qm, statt 0,75 qm bei konventioneller Haltung, zur Verfügung stehen, und die Schweine Platz zum Ausstrecken, umherschnüffeln, … haben, darf die angenehme Atmosphäre im Offenstall nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um Mastschweine handelt, denen nur ein recht kurzes Leben vergönnst ist.
2007 baute er den Offenstall mit ca. 300 Mastplätzen. Er beinhaltet Einzelställe für je 11 Schweine, welche klassisch nach Wiedmann in die vier Funktionsbereiche Liegen, Fressen, Aktivität und Koten aufgeteilt sind. Seit 2008 werden dort jährlich 700-800 Schweine der Rassen Schwäbisch Hällisches Landschwein und Deutsche Landrasse gemästet.
Die sogenannten Kisten, die die Schweine nachts zum Schlafen aufsuchen, werden in der kalten Jahreszeit mit Stroh eingestreut. Schweine sind ungern alleine und genießen es sich zusammen in die Kiste zu kuscheln – an heißen Tagen liegen die Schweine lieber ausgestreckt auf dem kühlenden Betonboden.
Der Ruf der Schweine, sie seien dreckig, sei nicht ganz gerechtfertigt. Sie halten selbstständig ihre Schlafkiste sauber und koten nur an die Reviergrenzen, was das ausmisten sehr erleichtert – dies alles funktioniert natürlich nur, wenn den Schweinen genügend Platz dafür zur Verfügung steht.
Da es Wolfgang Krämer wichtig ist Ferkel zu kaufen und zu mästen, die auch unter Demeter-Qualitätskriterien geboren wurden, holt er diese mit seinem eigenen LKW aus dem Raum Schwäbisch Hall. Gleich in der Nähe befindet sich auch eine Demeter-Schlachterei, so dass er seine Touren immer kombinieren kann: Nachts, wenn die Tiere müde werden, bringt er eine Gruppe gemästeter Schweine auf den LKW, fährt mit ihnen nach Schwäbisch Hall und übernachtet dort mit ihnen um sie am Morgen in den Schlachthof zu bringen. Die Schweine bleiben die ganze Zeit über in ihrer Gruppe und haben keinen Kontakt mit fremden Schweinen. Wolfgang Krämer begleitet die Schweine auf ihrem Weg bis sie am Haken hängen und er die Verantwortung für sie abgibt. Auf dem Heimweg holt er neue Ferkel ab.
Er bewirtschaftet 70 ha landwirtschaftliche Fläche. Laut den Demeter Richtlinien würden 50 ha ausreichen, da er bis zu 50 % an Futter zukaufen darf. Doch Wolfgang Krämer möchte sicher sein immer genügend Futter zu haben. Mindestens 70 % des Futters muss Demeter Qualität haben und 100 % Bio. Die Schweine bekommen verschiedene Futtermischungen aus Getreide und Hülsenfrüchten (welche vorab getoastet werden), die immer auf das aktuelle Maststadium angepasst sind. Sein nächstes Ziel ist eine Anlage anzuschaffen um das Futter selbst mahlen und mischen zu können. Auch wenn er in erster Linie Futter für seine Schweine anbaut verkauft er doch gerne auch mal die ein oder andere LKW-Fuhre z.B. Brotgetreide.
Auf dem Hof ist genügend Platz um eine Jahresmenge Mist lagern zu können, so dass Wolfang Krämer den Dung dann ausbringen kann, wenn er auf den Feldern benötigt wird. Der aufbereitete Dung macht die Flächen fruchtbar, es gibt aber keine Nitratüberschüsse, die das Grundwasser belasten. Das Wasser für seine Schweine holt Wolfgang Krämer aus einem eigenen Brunnen.
Bei der Tiergesundheit steht die Prophylaxe an erster Stelle: Den Tieren ausreichend Platz bieten – auch zum Ausleben ihres Herdenverhaltens, Auslauf und frische Luft, bedarfsgerechte Fütterung, fachgerechte aber nicht übertriebene Hygiene. Auch der Faktor Mensch darf nicht unterschätzt werden. Durch eine gute Beziehung zu den Tieren kann der Bauer durch aufmerksames Beobachten der Tiere im Alltag Ungleichgewichte schnell erkennen und ausgleichen. Wenn Wolfgang Krämer feststellt, dass etwas nicht in Ordnung ist, setzt er auf Homöopathie. Sein Schweineverlust liegt aktuell auf einem erfreulich niedrigen Niveau von unter 0,5 % und er konnte glücklicherweise bisher komplett auf Antibiotika verzichten.
Erschreckt hat die Besucher der geringe Anteil von unter 1 % der Bio-Schweine an der Gesamtzahl der in Deutschland gemästeten Schweine. Einem wirklichen Wandel wirkt entgegen, dass den Bauern für konventionell gehaltene Schweine aktuell ein sehr hoher Preis gezahlt wird.
Es liegt also mal wieder auch an uns, den Verbrauchern, dass wir mit unserem Konsumverhalten zeigen, wohin der Weg gehen soll. Wolfgang Krämer sieht in erster Linie den Bauern in der Verantwortung, da dieser es letztendlich in der Hand hat wie er wirtschaftet und welche Bedürfnisse er in den Vordergrund stellt.