Der Eisspeicher rollt an.
Heizen mit Eis - geht das denn? Es geht!
Vor mehr als vier Jahren entschlossen wir uns, in unserem Wohnhaus aus dem Jahr 1988 die (noch völlig intakte) Ölheizung auszutauschen. Der permanente feine Ölgeruch im Erdgeschoss störte sowohl unsere Mieterin als auch uns selbst. Vor allem aber wollten wir im privaten Bereich einen weiteren Schritt in Richtung eines Lebens ohne fossile Energie gehen. Photovoltaik und Solarthermie nutzten wir bereits, und ein kleines E-Auto hatten wir ebenfalls schon angeschafft – nun stand das Heizungsprojekt an.
Wärmepumpen waren das große Thema, nicht zuletzt wegen der großzügigen Förderung durch die neue Bundesregierung. Verwandte empfahlen uns die bei ihnen bestens bewährte Erdwärmeheizung, jedoch wussten wir aus der Hausbauphase, dass wir auf felsigem Untergrund leben. Eine hinzugezogene Bohrfirma prophezeite hohe Kosten und wenig Erfolg auf Genehmigung für eine Tiefenbohrung. Der Wirkungsgrad einer Luftwärmeheizung war uns jedoch nicht hoch genug. Da entsannen wir uns eines Freundes, der sich eine Eisspeicherheizung hatte projektieren lassen, davon aber wegen der hohen Anschaffungskosten Abstand genommen hatte. Da wir in einem Zweifamilienhaus leben, konnten wir im Gegensatz zu ihm aber mit der doppelten Förderung kalkulieren.
Obwohl eine Eisspeicherheizung nur sehr selten in Bestandsbauten nachträglich eingebaut wird, gingen wir das Wagnis ein. Eine Firma aus Emskirchen übernahm zusammen mit Viessmann die Planung. Letztere kümmerten sich auch um sämtliche Antragstellungen. Mit Ausnahme der Tatsache, dass wir nur in den beiden Badezimmern über eine Fußbodenheizung verfügten, stimmten bei uns fast alle äußeren Bedingungen: Wir hatten bereits eine 6kW Peak Solaranlage auf dem Süddach für den kostengünstigen Betrieb der Wärmepumpe, das Norddach war groß genug, um einem zusätzlich notwendigen Solar-Luftabsorber Platz zu geben, der zudem von dort über den nicht mehr benötigten Kamin direkt mit dem Heizraum verbunden werden konnte. Vor allem aber hatten wir einen Hof, der gerade noch geräumig genug für die Unterbringung des gigantischen Eisspeichers sowie dessen Installation war. Außerdem war die Verbindung zwischen Heizraum und Eisspeicher über die Erdgeschosswohnung relativ problemlos möglich.
Da wir unsere schönen Parkettböden nicht für die empfohlene Fußbodenheizung herausreißen wollten, entschlossen wir uns dazu, die bestehenden Heizkörper durch Flächenheizungen zu ersetzen und sämtliche Thermostate zu modernisieren.
Die Baumaßnahme ging dann nach dem Ausbau der Heizung und der maroden drei Kunststofföltanks recht zügig voran: Während das fast sechs Meter tiefe und 4x4 m große Loch für die Zisterne aus armiertem Beton ausgebaggert wurde, machten sich zwei Installateure daran, die Solar-Luftabsorber auf dem rückwärtigen Dach zu befestigen und anzuschließen. Der große Moment für alle kam, als der fast 9t schwere Eisspeicher auf einem Tieflader aus dem Bodenseegebiet angeliefert und mithilfe eines Krans in die perfekt vorbereitete Grube eingepasst wurde. Daraufhin kletterte ein Installateur äußerst behände auf den Spiralen im Inneren des Ungetüms herum und legte diverse Leitungen. Schließlich wurde der Betondeckel aufgesetzt und musste dabei vom Kran aus exakt gedreht werden, damit alle Anschlüsse passgenau waren. Millimeterarbeit! Schließlich wurde noch ein Kanaldeckel aufgelegt, bevor die Grube wieder aufgefüllt und das Pflaster neu verlegt wurde.
Nach dem Befüllen der Zisterne mit Trinkwasser mussten außen und im Haus noch diverse Rohre gelegt und unter Gipskarton versteckt und natürlich das weitere Herzstück, die Sole/Wasser- Wärmepumpe, installiert werden. Diese hat gegenüber Luft-Wärmepumpen den Vorteil, dass sie innerhalb des Hauses verbaut werden kann und völlig ohne Lärm läuft. Platz dafür war ja im Heizkeller inzwischen vorhanden. Zudem hatten wir mit dem ehemaligen Öllager noch einen zusätzlichen Kellerraum gewonnen!
Spannend war dann natürlich, als nach der Schlussabnahme durch die Fa. Viessmann die Heizung im Oktober 2020 in Betrieb ging. Im ersten Winter mussten wir noch ein paar Tage frösteln, aber seit der Feinabstimmung des Außenthermostats heizen wir zu unserer vollsten Zufriedenheit – und das mit äußerst geringen Betriebskosten. Wir zahlen pro Monat 224€ an Stromkosten für das gesamte Haus, obwohl wir auch unsere Zoe und zwei e-Räder fast ausschließlich zu Hause laden. Und dann bekommen wir ja auch noch eine nicht unbeträchtliche Einspeisevergütung… Wartungskosten? Bisher null!
Die Anschaffungskosten waren hoch, ca. 90.000€, aber sie werden sich amortisieren, für uns persönlich und mehr noch für die Umwelt. Zudem war uns eine Förderung von 40% zugesagt worden – deren Auszahlung aber lange auf sich warten ließ…. Glücklicherweise konnte uns unsere Tochter zwischenzeitlich mit einem zinslosen Kredit aushelfen. Und dann, eines Tages, waren ganz unverhofft 43.000€ auf unserem Konto gutgeschrieben – welche Freude!
Wir sind zuversichtlich, dass wir auch im nun fünften Winter nicht frieren werden.
Gut verständliche Informationen bieten folgende youtube Videos:
- Funktionsweise einer Eisspeicherheizung, Technik-Universität Hildesheim
- NANO (3sat) Heizen mit Eis
- BR24, Heizen mit Eis
Barbara Schwörer-Willis
Technisches Glossar:
- Eisspeicher:
Der Eisspeicher, Typ ES-B 10, ist ein stahlbewehrter Betonbehälter, der im Erdreich eingelassen wird und mit Wasser als Energiespeichermedium befüllt wird. Der Eisspeicher dient als Energiequelle für eine Sole/ Wasser Wärmepumpe. Dabei entzieht die Wärmepumpe dem Eisspeicher die benötigte Energie zur Raumbeheizung und Trinkwassererwärmung.Hierbei wird zunächst dem flüssigen Wasser Energie entzogen. Beim weiteren Energieentzug gefriert das Wasser zu Eis und es wird zusätzliche Energie durch den Phasenwechsel in Form von Kristallisationsenergie der Wärmepumpe zur Verfügung gestellt.
Zur Regeneration des Eisspeichers wird Energie über die Solar-Luftabsorber und über das umgebende Erd- reich zugeführt. Falls die Wärmepumpe zur Raumkühlung eingesetzt wird, kann die dem Gebäude entzogene Wärme in den Eisspeicher abgeleitet werden. - Solar-Luftabsorber:
Der Solar-Luftabsorber, Typ SLK, ist ein unverglaster, offener Absorber. Die Wärme aus der Umgebung wird durch Konvektion, Wind und Regen an den Solar-Luftabsorber übertragen. Die große Oberfläche des Solar- Luftabsorbers ermöglicht eine Wärmeaufnahme mit hoher Leistung.Der Solar-Luftabsorber wird als direkte Wärmequelle für die Wärmepumpe (Primärquelle) und zur Regeneration des Eisspeichers verwendet.
Der Solar-Luftabsorber kann aus folgenden Quellen Energie aufnehmen:
- Umgebungsluft
- Direkte und diffuse Sonnenstrahlung
- Niederschlag
- Raureif