Uwe Kekeritz, Bundestagsabgeordneter aus unserem Landkreis, Bündnis 90/Die Grünen
Lösung der Klimakrise: setzen, sechs
Eine Einschätzung des Klimapaktes der Bundesregierung durch Uwe Kekeritz
Nie war der Rückhalt für wirksamen Klimaschutz größer, dennoch wagt die Bundesregierung nichts. Sie scheitert an der Aufgabe, die Menschen vor der Klimakatastrophe zu schützen und kehrt dem Pariser Klimaabkommen den Rücken. Und sie nutzt die großen Chancen nicht, die Klimaschutz für nachhaltigen Wohlstand und zukunftsfähige Jobs bedeutet. Die Regierung hätte schnell, kraftvoll und verbindlich handeln müssen. Das, was auf dem Tisch liegt, ist langsam, lasch und unverbindlich. Die Hauptverantwortung wird auf die nächste Regierung verschoben.
Die vorgeschlagene CO2-Bepreisung überzeugt nicht. Sie soll erst in zwei Jahren kommen - und dann mit lächerlichen 10 Euro. Preise, die im Bereich der natürlichen Preisschwankungen und damit weit unter jeder Lenkungswirkung liegen. Außerdem garantiert die Regierung nicht, dass die Gelder wirklich komplett an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen, sondern lässt sie im Haushalt versickern. Das ist intransparent und unsozial.
Das Herzstück des Klimaschutzes, die Energiewende, wird weiter abgewürgt. Doch Klimaschutz ohne schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien ist sinnlos. Was nützt eine Bahn, was nützt Elektromobilität, was Wärmepumpen, wenn sie nicht mit erneuerbarem Strom gespeist werden? Kleine Fortschritte wie die Aufhebung des Deckels für die Photovoltaik werden konterkariert durch die weitere Zerstörung des Windkraftausbaus an Land durch flächendeckende Abstandsregelungen.
Besonders bitter ist, dass die Komplettsabotage der bayrischen 10-H Regel nun sogar Eingang in ein Klimapapier findet.
Beim Kohleausstieg bleibt die Bundesregierung weiter die Umsetzung schuldig. Von der dringend notwendigen Beschleunigung des Kohleausstiegs ist nicht mal die Rede.
Im Verkehrssektor ist die Bilanz ebenfalls düster. Umweltschädliche Subventionen wie das Dieselprivileg tastet die Koalition nicht an. Der Straßenausbau geht ungebremst weiter. Dagegen kommen ein bisschen Förderung ÖPNV und die Mehrwertsteuersenkung für die Bahn nicht an. Der Verbrennungsmotor steht weiter unter Bestandsschutz. So richtig der verstärkte Ausbau der Ladeinfrastruktur ist: ohne Quoten und Ordnungsrahmen wird der Durchbruch zur emissionsfreien Mobilität nicht kommen.
In der Agrarpolitik verzichtet die Koalition gänzlich auf wirksame Maßnahmen. In die industrielle Tierhaltung wird weiter Geld gepumpt, jegliche Vorgaben fehlen. Die viel zu hohen Tierzahlen bleiben unangetastet, der Ökolandbau wird nicht stärker gefördert. Bei der Lebensmittelverschwendung ist die Regierung zufrieden mit den bisherigen Maßnahmen. Der sterbende Wald wird einfach wieder so aufgeforstet wie vorher.
Im Gebäudebereich verlässt sich die Bundesregierung voll und ganz auf Fördermaßnahmen ohne verbindlichen gesetzlichen Rahmen. Verbesserte Energiestandards werden erst ab 2023 eingeführt und dann noch an das Wirtschaftlichkeitsgebot geknüpft. So ist die notwendige Vervierfachung der Gebäudesanierung nicht zu erreichen. Das Austauschprogramm für Öl-Heizungen ist ein richtiger Schritt. Dass aber neue Öl-Heizungen erst ab 2026 und dann nicht mal vollständig verboten werden, verlängert die Klimaverschmutzung um weitere Jahrzehnte. Völlig vernachlässigt wird auch hier die soziale Seite: Die Bundesregierung macht Klimaschutz für Mieter teuer und verpasst die Chance für eine faire Kostenverteilung.
Die Eckpunkte sehen vor, dass in Zukunft die Klimaziele jährlich auf die Sektoren heruntergebrochen und gesetzlich festgeschrieben werden. Das begrüßen wir. Der Mechanismus zur Nachbesserung ist aber unverbindlich, Sanktionen bei Nicht-Einhaltung gibt es nicht. Die Regierung handelt hier nach dem Motto: „heute fehlt uns zwar die Kraft, aber morgen geloben wir uns zu bessern, vielleicht“.
Zum Glück enthält auch dieses im Ansatz falsche und unzureichende „Klimapaket“ der Bundesregierung einzelne richtige Maßnahmen wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets und die Aufhebung des Ausbaudeckels für Solarenergie. Diese Projekte, die wir als Grüne bereits selber ausformuliert in den Bundestag eingebracht haben - die Groko müsste hier nur noch zustimmen - werden wir selbstverständlich im Einzelnen auch weiterhin im Bundestag unterstützen.
Die geplanten zusätzlichen Investitionen bewegen sich auf sehr enttäuschendem Niveau. Substantiell geschieht nicht viel Neues oder Überraschendes. Manche längst beschlossene Maßnahme wird zum Teil erneut verkauft, in Teilen ein wenig aufgestockt bzw. neu gebündelt. Aufbruch sieht anders aus. Doch Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Die schwarze Null steht weiterhin als Dogma wie ein Elefant im Raum. Der dringend notwendige konsequente Abbau ökologisch schädlicher Subventionen findet nicht statt – bloß keine Lobby verschrecken. Dagegen liegt die "Entlastung" der BürgerInnen durch EEG-Umlage, Pendlerpauschale und Wohngeld unter der „Belastung“ durch die neue CO2-Bepreisung.
„Der Schutz unseres Klimas muss eine zentrale Rolle in der internationalen Zusammenarbeit einnehmen. Nur so werden die Industriestaaten ihrer Verantwortung gerecht gegenüber all jenen, die am meisten unter der Klimakrise leiden, selbst aber kaum durch Emissionen dazu beitragen. Die Bundesregierung muss vor allem vor der eigenen Haustüre kehren: Merkel, Altmaier und Co. dürfen nicht weiter den Kohlausstieg verzögern und den Ausbau der Erneuerbaren ausbremsen. Das nun beschlossene Klimapaket der GroKo ist eine herbe Enttäuschung.“