Uwe Kekeritz, MdB, in der Ausschussvorsitzendenkonferenz zum EU-Lieferkettengesetz (© Deutscher Bundestag/ Florian Gaertner/ photothek.net)
Mit Mut und Weitsicht in die Zukunft
Grüne Wege aus der Corona-Krise
Seit über einem Jahr prägt Corona unser Leben. Auch wenn sich viele – verständlicherweise – zurück zur Normalität vor Corona sehnen, wollen wir Grünen nicht zurück in die Vergangenheit, sondern in eine Zukunft, in der unsere Gesellschaft krisenfester dasteht.
Allem voran wollen wir aktuell eine weitsichtige Strategie zur Bewältigung der Coronapandemie, die für die Bürger*innen nachvollziehbar ist, auf die sie sich verlassen können, und die unser aller Leben wieder planbarer macht. Es ist wenig zielführend, wenn sich Merkel, Söder und Co. alle 14 Tage von Lockdown zu Lockdown hangeln.
Wir Grünen treten ein für einen konsequenten, wirksamen Klimaschutz mehr Gerechtigkeit bei uns und weltweit und so einen besseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erreichen. Wir wollen eine starke Demokratie, eine Gesellschaft, die Vielfalt als Chance begreift und diese konstruktiv gestaltet.
Kein Wachstum um jeden Preis
Denn die Normalität vor Corona ist maßgeblich für die Krisen verantwortlich, die durch die Pandemie ausgelöst wurden beziehungsweise durch diese unverkennbar sichtbar wurden. Eine Vorwärts in die Vergangenheit würde weiterhin Wachstum um jeden Preis auf Kosten von Klima, Umwelt und Menschen bedeuten. Das können wir uns nicht mehr leisten und unserer Erde nicht mehr zumuten. Das kommt zu teuer, in jedem Sinne.
Die Corona-Pandemie hat nicht „nur“ eine Gesundheitskrise verursacht, sondern zusätzlich noch viele andere strukturelle Probleme verschärft: Für ungleiche Bildungschancen, Unterbezahlung sozialer Berufe, Ungleichheit der Geschlechter und globale Ungleichheiten hat Corona wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Deshalb können wir die Corona-Krise nur nachhaltig hinter uns lassen, wenn wir langfristige Herausforderungen und Probleme entschlossen anpacken.
Gesundheits- und Pflegesystem am Rand des Kollapses
Besonders deutlich wird dies an unserem Gesundheitssystem, das durch Covid 19 an den Rand des Kollapses gebracht wurde. Maßgeblich liegt dies an der chronischen Unterfinanzierung des öffentlichen Gesundheitssektors und der Privatisierung von Gesundheitseinrichtungen. Wir Grünen fordern schon lange eine Bürger*innen-Versicherung, die das Gesundheitssystem auf eine breite, auskömmliche Basis stellt und die Zweiklassenmedizin beendet. Pflegeberufe müssen endlich attraktiver werden, mit einer angemessenen Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen. Nur so können wir ausreichend motivierte Pfleger*innen anwerben und die Qualität der Pflege erhöhen, zum Beispiel durch bessere Pflegeschlüssel.
Soziale Gerechtigkeit fehlt
Auch hat die Corona-Krise die Ungleichheit der Geschlechter verschärft. So weisen die weniger gut bezahlten und dennoch systemrelevanten Berufe einen deutlich überdurchschnittlichen Frauenanteil auf. Die staatlichen Unterstützungsleistungen fallen in diesen Bereichen niedriger aus als im industriellen Sektor, der eine deutlich höhere Männerquote aufweist. Hinzu kommt für Frauen in der Regel die Mehrbelastung durch Kinderbetreuung und Homeschooling. Um diese Ungleichheit künftig zu reduzieren müssen Anreize geschaffen werden, damit mehr Männer Familienzeiten in Anspruch nehmen. Zudem sollten ganztägige Betreuungsangebote ausgebaut und eine Kindergrundsicherung eingeführt werden, die gegen Kinderarmut wirkt und besonders die Situation von Alleinerziehenden verbessert.
Es ist jetzt wichtig, Kinder und Jugendliche in den Fokus zu nehmen, denn sie haben besonders im ersten Lockdown massive Einschränkungen hinnehmen müssen. Doch Söder und Co. haben es im Sommer leider verschlafen, die Grundlagen für besseren Distanzunterricht im Winter zu schaffen. Die meisten Schulen sind noch immer nicht an das Glasfasernetz angeschlossen und Schüler*innen, die nicht über ein eigenes Endgerät oder Lernzimmer verfügen, bleiben potenziell auf der Strecke. Das darf nicht passieren, deshalb fordern wir eine schnelle Digitalisierungsoffensive für Schulen, zusätzliche Lehrangebote als Ersatz für entgangenen Lernstoff und perspektivisch mehr Lehrer*innen, um eine individuellere Betreuung der Schüler*innen zu gewährleisten.
Soziale Ungleichheit verschärft sich
Außerdem wollen wir den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Krise wirksam entgegenwirken. Vielen, die schon vor Corona am Existenzminimum gelebt haben reicht das Geld nicht mehr. Eine sofortige deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze ist daher dringend vonnöten. Zudem müssen Branchen, die besonders durch die Infektionsschutzmaßnahmen eingeschränkt sind, besser unterstützt werden. Gastronomie, Kulturschaffende und Selbstständige brauchen unbürokratischere und besser auf sie zugeschnittene Überbrükkungshilfen, wie ein Unternehmer*innenlohn oder mittelfristig ein Grundeinkommen.
Weltweit hat die Corona-Krise soziale Ungleichheit weiter verschärft. Das belegt der kürzlich veröffentlichte Ungleichheitsbericht der Entwicklungsorganisation „Oxfam“. Neben einigen anderen sind die globalen Ungleichheiten eine Ursache der Fluchtkrise. Erschütternde Bilder erreichen uns täglich von den griechischen Inseln oder aus Bosnien, wo geflüchtete Menschen bei Eiseskälte und Schneefall unter freiem Himmel ausharren müssen. Auch kommt es immer wieder zu Corona-Ausbrüchen in den Lagern. Die Menschen dort brauchen dringend eine menschenwürdige Unterbringung und Gesundheitsversorgung und müssen daher umgehend evakuiert werden.
Impfstoffe gerecht verteilen
Überdies müssen wir sofort einem wieteren Krisenbeschleuniger entgegenwirken, der sich aktuell anbahnt: die ungleiche Verteilung der Impfstoffe. Denn das Coronavirus besiegen wir nur gemeinsam. Daher muss der Patentschutz für die Impfstoffe – zumindest zeitweise und für die Länder des Globalen Südens – aufgehoben werden, um die Produktion zu beschleunigen.
Wir Grünen stehen für eine ganzheitliche Handels- und Investitionspolitik mit Weitsicht. Dazu gehört ein wirksames Lieferkettengesetz, das Klima, Umwelt und Menschenrechte in den globalen Lieferketten schützt sowie existenzsichernde Löhne und ordentliche Arbeitsbedingungen sichert. Viele Länder des Globalen Südens, die zur Corona-Bekämpfung Schulden aufgenommen haben, drohen in Zahlungskrisen zu schliddern. Deshalb brauchen wir ein gerechtes und geordnetes Staateninsolvenzverfahren.
Klimakrise entgegenwirken
Und schließlich ist die Krise, die unser aller Lebensgrundlagen und die unserer Kinder und Kindeskinder bedroht, nicht vorbei. Die Klimakrise ist zwar leider in den Hintergrund gerückt doch müssen wir ihr endlich rasch, konsequent und umfassend entgegenwirken. Dazu braucht es einen viel schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie eine Verkehrs-, Wärme- und Agrarwende, um durch eine sozialökologische Transformation sämtliche Sektoren von Wirtschaft und Gesellschaft für die Zukunft fit zu machen. So kann der Aufbruch in ein besseres Morgen nach Corona gelingen. Dieser Aufbruch, diese Politik des Miteinanders, der Weitsicht und Entschlossenheit ist bei der Bundestagswahl am 26. September wählbar.
Uwe Kekeritz