„Um das Thema Visionen nochmals aufzugreifen...“- Haushaltsrede 2020

In der Stadtratssitzung am 22.07.2020 wurde der Haushalt der Stadt beschlossen. Hierzu hielt unser Fraktionsvorsitzender David Muck eine Haushaltsrede.

Zu allererst möchte ich der Kämmerei und allen voran Klaus Schuster danken für die vielen
beantworteten Fragen im Vorfeld, um den Haushalt 2020 und die Rechnungsergebnisse der
Vorjahre zu verstehen. Der Haushalt ist hervorragend aufbereitet!


Beginnen möchte ich mit einem kurzen Rückblick als Basis für den Haushalt 2020. Wir
haben in den vergangenen 10 Jahren - 2010 bis 2019 - die städtischen Schulden um gut
11,5 Mio€ tilgen können und gleichzeitig die Rücklage um gut 10,1 Mio€ erhöht. Macht ein
Plus von gut 21,7 Mio€. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie dieser enorme
Geldvermögenszuwachs zu Stande kam. Die Antwort ist in unseren Augen leider keine
ausnahmslos erfreuliche. Wir haben in den vergangenen Jahren die Personalausgaben
reduziert, wir haben viele wichtige Investitionen verschoben und wir haben von den
Vorjahren profitiert, wodurch wir bereits angeschafftes Grundvermögen veräußert haben, so
dass aktuell kein Bauplatz für Gewerbe oder Wohnen in städtischem Besitz ist.


Unsere Ausgaben für Baumaßnahmen bewegten sich in den vergangenen Jahren zwischen
1.402 TEUR (2010) und 5.670 TEUR (2019). Im Schnitt haben wir nicht einmal 3,3 Mio€ pro
Jahr ausgegeben. Dieses enorm sparsame Wirtschaften der Vergangenheit bietet uns nun
viel Potential zur Gestaltung.


Was bedeutet das für die Zukunft? Wir haben einen Berg an Investitionen vor uns, die
dringend notwendig sind. Nachdem wir die Planungen für die neuen Baugebiete bereits im
Haushalt 2019 korrigiert haben, was wir gefordert hatten, sehen wir keine Positionen, die
gestrichen werden können. Lediglich die Dimension einzelner Projekte sollte nochmals auf
den Prüfstand, wie von unserem Kämmerer im Vorbericht gefordert. Aufschiebbare Visionen
können wir nicht entdecken. Wie wir aus den vergangenen Jahren sehen, wären auch
Mehrausgaben in Höhe von durchschnittlich knapp 2,2 Mio€ plus Förderungen, was bei
durchschnittlichen Förderquoten von 60% mögliche Mehrinvestitionen in Höhe von 5,4 Mio€
entspricht, - abzüglich der Veräußerungserlöse des Anlagevermögens - pro Jahr
finanzierbar gewesen, ohne das Geldvermögen der Stadt zu verringern oder Schulden
aufnehmen zu müssen. Unter diesen Gesichtspunkten ist der Vermögenshaushalt plötzlich
gar nicht mehr so weit von der möglichen Realität der aktuellen Wahlperiode entfernt.


Jetzt stellt sich die Frage, woran es in der Vergangenheit gelegen hat, dass diese nötigen
Investitionen nicht realisiert wurden und was geändert werden muss, dass die Zukunft
unserer Stadt nicht aus einem vollen Bankkonto besteht, während unsere Kinder nicht
betreut werden können, das Nürnberger Tor als unser Wahrzeichen einsturzgefährdet ist,
unsere Straßen sanierungsbedürftig sind, unsere Innenstadt leer steht, Neustädter
Nachwuchs keinen Wohnraum findet, ansässige Unternehmen keine
Erweiterungsmöglichkeiten haben und die ehrenamtlichen Feuerwehrleute nach einem
Einsatz nicht einmal in Ihrem Gerätehaus duschen können.

Nachdem in jedem Jahr der Haushalt großzügig beschlossen wurde und die Ausgaben der
Verwaltung zur Verfügung standen, muss es uns in Zukunft gelingen, den beschlossenen
Haushalt nicht nur mit wichtigen Projekten zu füllen, sondern ihn auch zeitnah umzusetzen.
Hier sehen wir den Bürgermeister in der Pflicht, die Verwaltung entsprechend auszustatten
und mit Ihr die Umsetzung zu realisieren. Die mangelnde zeitnahe und intransparente
Umsetzung der Beschlüsse muss verbessert werden.


Um das Thema Visionen nochmals aufzugreifen, hätten wir da auch noch ein paar Ideen, die
vielleicht gar nicht so teuer sind oder sich über die Zeit selbst finanzieren.

Wir denken, dass anhand einer Prioritätenliste die Abarbeitung der geplanten Investitionen
transparenter, effektiver, nachvollziehbarer und damit günstiger funktioniert. Diese wurde
auch von anderen Fraktionen mehrfach gewünscht, aber nie geliefert.


Wir sollten auch in den aktuellen Zeiten den Klima- und Umweltschutz nicht aus den Augen
verlieren. Sie sind eminent wichtig für unsere Zukunft. Es reicht nicht auf den Staat zu
warten, sondern wir als Kommune müssen selbst die Initiative ergreifen, z.B. bei den
regenerativen Energien, bei der Energieeinsparung, beim Erhalt und der Neuanpflanzung
insektenfreundlicher Bäume. Bezüglich der städtischen Bauten sind wir auf einem guten
Weg, den wir nicht verlassen dürfen. Wir haben ein Gewässerentwicklungskonzept erstellen
lassen, dass eine hervorragende Grundlage bietet für entsprechende geförderte
Maßnahmen. Wir dürfen hier nicht weiter auf die Bremse treten, da diese Investitionen jetzt
gefördert werden und einmalig sind ohne großartige zu erwartende Folgekosten. Wir sparen
sie uns nicht, indem wir sie verschieben. Saubere und natürliche Gewässer steigern die
Lebensqualität aller Neustädter. Auch sind für neue Baugebiete moderne
Energieversorgungssysteme unverzichtbar und finanzieren sich bei der Stadt über den
Verkauf der Grundstücke bzw. bei den Käufern amortisiert sich diese Investition in den
kommenden Jahren.


Unsere Förderprogramme und Zuschüsse stehen im Haushalt und werden kaum - Stand
15.06.: 0,28% - abgerufen. Diese Förderungen sind oft Zuschüsse zu viel größeren
Investitionen in unserer Stadt, wovon alle profitieren. Entweder sind die Programme zu
wenig bekannt oder zu restriktiv, woran wir arbeiten müssen.


Die Visionäre sind auch gefragt, wenn es um die Zukunft des Areals des aktuellen
Feuerwehrgerätehaus und des ehemaligen Finanzamts geht. Eine Machbarkeitsstudie
wurde beschlossen, aber auch hier fehlt es noch an der Umsetzung. Hier sehen wir viele
Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten der Stadt, die wir frühzeitig beraten und beschließen
sollten. Hier entstehen Möglichkeiten für diversen Wohnungsbau, Kinderbetreuung und
Geschäftsräume. Auch in Zukunft hilft ein Areal in dieser Lage, die Entwicklung unserer
Innenstadt aktiv zu gestalten. Einen einfallsloser Verkauf an Investoren darf es auf keinen
Fall geben. Warum sollte ein Investor mit Gewinnerzielungsabsicht, der neben den
Baukosten auch den Grunderwerb finanzieren muss, ein solches Projekt stemmen können?
Weil es sich letztlich über die Mieten selbst finanziert - auch für die Stadt.

Zuletzt würden wir uns einen gemeinsam erarbeiteten Plan für unsere Altstadt bzw.
Innenstadt wünschen. Wir haben viele Einzelmaßnahmen beschlossen, die in unserem
Haushalt stehen. Wenn wir wie in der Vergangenheit hier immer nur das größte Loch
stopfen, werden wir am Ende eine Innenstadt haben, deren Gestaltung nicht
zusammenpasst und mit Sicherheit haben wir mit dieser Herangehensweise keinen Euro
gespart. Wir könnten uns sehr gut ein sogenanntes Shared Space Konzept vorstellen,
wonach alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Damit hätten wir anschließend
sicherlich nicht weniger Parkplätze in der Innenstadt zur Verfügung, könnten flexibel Bäume
pflanzen, würden den Durchgangsverkehr reduzieren und verlangsamen, was am Ende eine
bedeutende Entlastung für die Verkehrsführung am Plärrer mit sich bringen könnte, der nach
der Erweiterung des Buchbergs mit Sicherheit an seine Belastungsgrenze gebracht wird
oder sogar darüber hinaus. Wir hätten damit ein Konzept für eine freundliche, moderne und
einladende Innenstadt, das bereits in anderen Städten - völlig unabhängig von deren Größe
- viel Lebensqualität und Attraktivität mit sich gebracht hat. Unsere Innenstadt lebt und wir
dürfen den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem ein Leerstand den nächsten bedingt. Dann ist
eine Wiederbelebung schwer bis unmöglich. Auch hier gibt es eine Reihe von traurigen
Beispielen.


Die Corona-Pandemie wird uns weiter belasten, auch wenn die Gewerbesteuerausfälle
voraussichtlich teilweise oder sogar vollständig über Bund und Land kompensiert werden
dieses Jahr. Deshalb sollten wir durchaus weiter Rücklagen belassen, um zukünftige
Engpässe beheben zu können. Allein für den Grundstückskauf für die zwei neuen
Wohngebiete und ihre Erschließung werden wir mit knapp 10 Mio€ bis 2022 in Vorleistung
gehen müssen. Wie aber bereits erläutert, gibt es dennoch Spielraum für mehr Investitionen
ohne die Rücklagen entscheidend und langfristig aufzubrauchen.


Zum Schluss bleibt uns nur zu sagen, dass wir viel wichtiges und richtiges in diesem
Stadtrat bereits beschlossen haben, für dessen Umsetzung nun bitte schnell die
Voraussetzungen geschaffen werden.